Wie entstand bei Ihnen das Arbeiten mit Jobsharing?
Marlis Heintschel: Wir starteten mit Shared Leadership im Zuge der Gründung eines agilen Tribes. Dabei wollten wir dieses neue Arbeitsmodell ausprobieren. Wir haben rasch einen echten Mehrwert gesehen – und das Unternehmen sparte letztlich sogar eine Führungskraft ein. Wir leiten jetzt zu zweit ein Team mit 70 Leuten, das zuvor von drei Vollzeitkräften geführt wurde. Jobsharing muss also nicht unbedingt mit höherem Aufwand und Kosten verbunden sein, bei uns brachte es sogar eine Reduktion.
Was sehen Sie persönlich als die wichtigsten Vorteile von Jobsharing?
Nina Leindecker-Purrer: Ich arbeite in Teilzeit, Jobsharing ermöglicht mir, für ein großes Team Verantwortung zu tragen. Es ist wirklich ein sehr bereicherndes Arbeitsmodell. Wir lernen voneinander und entlasten uns und wir können ohne schlechtes Gewissen auf Urlaub gehen. Sehr überraschend für uns war, wie viel wir uns gegenseitig aneignen.
Marlis Heintschel: Wo sonst hat man die Möglichkeit, einer anderen Führungskraft so über die Schulter zu schauen? Die Lernkurve ist sehr hoch und wir werten beide unsere Skill-Sets für die weitere Karriere auf. Ein besonderer Aspekt ist auch die Mental Load, die geteilt wird. Mit Nina an der Seite begegne ich auch komplexen Herausforderungen gelassener.
Nina Leindecker-Purrer: Erst im Doing merkten wir auch, dass wir im Jobsharing weit besser stärkenzentriert arbeiten können. Man kann sich mehr auf Themen fokussieren, die man gerne macht, man kann sich besser entfalten. Die Unternehmen gewinnen viel, weil die Menschen wirklich mit Herzblut aktiv sind.
Brauchen Sie mehr Zeit zur Abstimmung?
Marlis Heintschel: Uns verbindet die strukturierte Arbeitsweise, die ist wichtig. Mit MS Teams im Hintergrund sind wir immer abgestimmt, ich kann bei jedem Termin in wenigen Sätzen die Entscheidung bzw. die Essenz zusammenfassen. Darüber hinaus müssen wir keine Zeit in Abstimmungs- oder Übergabe-Meetings investieren.
Nina Leindecker-Purrer: Es liegt uns beiden, knapp und verlässlich zu dokumentieren, das geht nebenbei. Dafür nehmen wir uns aber Zeit für Meetings, um strategisch wichtige Themen zu besprechen und Sparringpartner für die andere zu sein.
Für welche Bereiche eignet sich Jobsharing?
Nina Leindecker-Purrer: Jobsharing eröffnet viele Perspektiven und ist auch nicht auf Teilzeitstellen beschränkt. Es gibt viele Modelle, man kann auch eine Junior- und eine Senior-Person zusammenspannen oder zwei Expertinnen bzw. Experten. Die Unternehmen sollten weniger Angst haben, Jobsharing auszuprobieren. Was soll schon passieren?
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